Wandel der IT-Fachbereiche für Office 365?
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Office 365 hält mehr und mehr Einzug. Über 300.000 Firmen (inklusive 85% der Fortune 500) nutzen bereits SharePoint und OneDrive aus der Cloud (Quelle MSFT-BLOGS).
Die ständig wachsende Produktpalette und die immer besser werden Kompatibilität zu anderen Anwendungen und Diensten macht das Produkt für Unternehmen besonders attraktiv.
Was auf den ersten Blick einfach wirkt und auch so von Microsoft verkauft wird, sollte dennoch nicht überstürzt implementiert werden. Einigen IT-Leitern ist bereits aufgefallen, dass sich die Dienste nicht mehr klassisch voneinander trennen lassen und fast alles ineinander greift. Es wird also vorkommen, dass sich bspw. das Exchange-Team und das SharePoint Team intensiv abstimmen müssen. Auch das Lizenzmanagement wird mehr und mehr zum kritischem Pfad. Man hört es schon aus den Büros der IT-Leiter schallen: „Office 365 bringt mir mein ganzes IT-Organigramm durcheinander!“ (Quelle: SHAREPOINT360)
Es ist also an der Zeit, über eine neue Aufgabenverteilung und Abgrenzung nachzudenken.
Aus meiner Erfahrung mit Office 365 und SharePoint lässt sich ein Office 365 (oder zukünftig Microsoft 365) Vorhaben in zwei Hauptbereiche einteilen (Siehe Abbildung 1).
- Dienstbereitstellung
- und Serviceveredlung
Dienstbereitstellung
Die Dienstbereitstellung hat als Ziel, für alle Anwender die Office 365 Dienste zur Verfügung zu stellen, d.h. der Nutzer kann sich einloggen. Dies klingt trivial, weil Microsoft die Dienste ja selbst verwaltet und ein entsprechendes Reporting bietet (siehe Abbildung 2). Aber jeder der sich schon etwas mit der Office 365 Suite auseinandergesetzt hat, weiß, dass das reine Monitoren für ein „der Nutzer kann sich einloggen“ in großen Unternehmen nicht ausreicht. Dienstbereitstellung hat deshalb zusätzlichen Aufgaben:
- Abonnements und Lizenzmanagement
- Dienstmanagement in Azure
- speziell Azure AD und ADFS
- virtuelle Umgebungen und Datenbanken
- App- und Bot-Framework Management
- … weitere Azure Dienste
- Security & Compliance
- Gerätemanagement (Intune)
- Hybridverwaltung (OnPremise ggf. bidirektional zu Office 365)
Zunehmend erfolgt die Verwaltung von Office 365 in großen Unternehmen über Azure, was bei vielen erstmal ein Umlernen erfordert. Auch der Evergreen-Ansatz und die ständig neuen Applikationen (Dienste) werden für Unruhe sorgen. Eine neue Herausforderung kristallisiert sich auch durch das Lizenz-Hopping heraus, speziell beim Zukauf von Apps/Add-Ins und den Azure-Angeboten aus dem Office Store.
Dienstveredlung
Sind die Grundlagen der Dienstbereitstellung gelegt, könnte ein Unternehmen mit Office 365 beginnen. Leider hat ein überstürzter Rollout schon bei einigen Firmen ins Informationschaos und zur Ablehnung bei den Nutzern geführt.
Office 365 ist aus meiner Sicht ein super Framework für die Zusammenarbeit und Intranets, sowie viele Fachanwendungen. Schon in früheren OnPremise SharePoint Landschaften gab es das Feedback der Mitarbeiter, die sich über mangelnde Strukturen, fehlenden Überblick und unzureichende Wiederauffindbarkeit von Inhalten beschwert hatten. Es bringt in diesem Zusammenhang nichts, einfach nur neue Begriffe wie Teams oder Groups vor das Chaos zu stellen und zu hoffen, dass sich damit dem Nutzer alles besser erschließt. Ich empfehle den Kunden immer, zu jedem Vorhaben eine durchdachte, am Anwenderverhalten orientierte Informationsarchitektur zu erarbeiten und darauf basierend den agilen Rollout anzugehen. Für die Erstellung und Durchführung kann ein (wie oben aufgeführt) zweiter Bereich im Unternehmen etabliert werden, der sein Ziel darin sieht, möglichst viele aktive und zufriedene Nutzer in Office 365 zu haben. Es geht dabei um Verständnis für Arbeitsabläufe und Prozesse, hohen Anspruch und Bewusstsein für Qualität, gepaart mit dem richtigen Produkt oder Add-In im Office 365. Diesen Bereich würde ich mit Dienstveredlung betiteln.
Kernaufgaben sind:
- Face to the Department/Customer (Kunde = Mitarbeiter/Fachbereiche)
- Fachanwendungen basierend auf Standardprodukt erzeugen (Tool-Picking)
- Unterstützung Prozess und Workflow-Management
- Betriebsrats- und Datenschutzkommunikation
- Produkteinführung, Coaching und Schulung (Change-Management)
- Planung und Wahrung der Informationsarchitektur und Anwendungsqualität („One Company Way“)
Aus meiner persönlichen Sicht ist es gefährlich zu glauben, dass mit der Einführung von Office 365 alle Probleme in der Ablage und Strukturierung der Informationen gelöst sind. Office 365 ist ein Gerüst (Framework) mit einer Palette an Werkzeugen, auf die eine Firma seine individuelle Arbeitsweise und Prozesse aufbauen kann, um nicht das komplette Rad von DMS-Systemen, Office- und Workflow-Produkten neu erfinden zu müssen und sich dadurch mehr auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann. Darum benötigen Firmen Mitarbeiter, die für dieses Gerüst eine Informationsarchitektur (Nutzungsstrategie) entwickeln und diese dann den Fachbereichen vermitteln. Dieser Veredlungsbereich und die dazugehörigen Teams arbeiten überwiegend nach agilen Methoden wie bspw. Scrum, aber mit ständiger Rückkopplung zum Fachbereich und den Mitarbeitern (bspw. über Pilottests). Die Aufbereitung und Umsetzung der Anforderungen aus den Fachbereichen und der Mitarbeiter sollte immer nach dem PDCA-Zyklus (Deming-Kreis) erfolgen.
Scrum bietet sich für diese Teams an, damit die Kundenanforderung bereits mit dem Fachbereich in kleine Häppchen (User Stories) geschnitten werden kann und nicht wie früher in einem Wasserfall-Ansatz an Konzeptionswahnsinn, Projektmanagement und Schätzungen versiegt.
In meinen Projekten hat es sich bewährt, die Scrum-Zyklen auf drei Wochen festzulegen und jeweils eine Woche Pause zwischen den Sprints einzuplanen. Die Ergebnisse wandern aller drei Wochen als Pilot oder Prototyp an die Fachbereiche und können nach erfolgreicher Do-Phase in den Schritt Check und dann zu Act übergehen.
Bei der Ausgestaltung von Office 365 zur Anwendungslandschaft für das Unternehmen wird es für die Dienstveredler wichtig, zu entscheiden, welche Lösungen sie aus den Fachbereichen in Add-Ins für alle Mitarbeiter verpacken und welche sie nur im kleinen Rahmen ausrollen. Mit Blick auf die Office 365 Produktpalette stellt sich dann, häufiger als früher, die Frage nach Make (mit Flow und PowerApps oder Add-Ins) oder Buy.
Damit die Fachbereiche und Mitarbeiter einen Ansprechpartner für Ihre Wünsche und Sorgen haben, sollten die Mitarbeiter des Bereichs für jeden sichtbar und erreichbar sein. Dies ist virtuell über eine Community möglich, aber ich empfehle hier auch einen physischen Coaching-Corner (eine feste Anlaufstelle im Unternehmen, wo eine Anforderung aufgenommen und durchgesprochen werden kann). Jede Anforderung der Fachbereiche und Mitarbeiter sollte auch bei der Übergabe durch ein entsprechendes Format begleitet werden. Also befindet sich auch in diesem Bereich eine große Anforderungsaufnahme-, Change und Coaching-Aufgabe und Verantwortung.
Neben dem Abholen der Stakeholder muss dieser Bereich zusätzlich die Verantwortung übernehmen den Betriebsrat und den Datenschutz einzubinden und regelmäßig (Evergreen) upzudaten. Der Datenschutz muss wissen wie sich Office 365 und die Azure Dienste im Bezug auf die EU-DSGVO ausrichten. Basierend auf dessen Freigaben wird der Betriebsrat über das informiert, was der Mitarbeiter mit den Produkten machen kann und soll, wie dies eingeführt und geschult wird und ggf. das Produkt den Mitarbeiter vor Leistungs- und Verhaltenskontrolle durch den Arbeitgeber schützt.
Der neue Bereich ist mit diesen Aufgabenschwerpunkten das neue Aushängeschild für die agile Beantwortung und Umsetzung für Fachanforderung im Unternehmen und trägt damit essentiell zu dessen Wertschöpfungskette bei.
Quellen:
- MSFT-BLOGS: https://blogs.office.com/en-us/2017/10/10/microsoft-sharepoint-recognized-as-a-leader-in-gartner-magic-quadrant-for-content-services-platforms/
- SHAREPOINT360: https://sharepoint360.de/die-microsoft-agenda-2018-was-redmond-treibt-und-was-das-fuer-partner-und-anwender-bedeutet-teil-1/
Eine Antwort
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